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Scott Lynch

Sturm über roten Wassern

  • Autor:Scott Lynch
  • Titel: Sturm über roten Wassern
  • Serie:
  • Genre:Fantasy
  • Einband:Paperback
  • Verlag:Heyne
  • Datum:30 Mai 2008
  • Preis:EUR 16,00 EUR

 
»Sturm über roten Wassern« von Scott Lynch


Besprochen von:
 
pelaphina
Deine Wertung:
(4)

 
 
„Wir brauchen ein Ziel, Jean. Wir brauchen einen Coup. Wir brauchen jemanden, dem wir als Team das Fell über die Ohren ziehen. Verstehst du, was ich meine? Es geht nicht nur darum, Requin zu verarschen. Ich will, dass wir zwei wieder gegen die ganze Welt antreten, uns jeder Gefahr stellen. Jede Sekunde muss ausgefüllt sein mit Planen und Intrigen, genauso wie früher – damit wir gar nicht erst ins Grübeln kommen.“
„Weil wir ständig kurz davorstehen, eines gewaltsamen Todes zu sterben, meinst du wohl.“
„Ja, ganz genau. Wie in der guten alten Zeit.“
(S.145)


Inhalt
Mit „Sturm über roten Wassern“ geht die Saga um Locke Lamora und die Gentlemen-Ganoven weiter, diesmal mit Piraten, Seeschlachten und Edelcasino.

[Spoilerwarnung: in dieser Rezension wird auf Band 1 Bezug genommen.]
Locke und Jean setzen sich nach Tal Verrar ab, um ihr Leben als Trickbetrüger neu zu beginnen. Sie haben es auf Raquin abgesehen, den Besitzer des luxuriösesten und exklusivsten Spielcasinos der Stadt. In seinem perfekt gesicherten Tresor wird nicht nur sein persönliches Vermögen sondern auch das der Reichen gehortet. Mit ihren Tricks erleichtern Locke und Jean die Spielsüchtigen und arbeiten sich innerhalb von zwei Jahren Etage um Etage nach oben, unter erheblichem Risiko und mit unglaublichen Tricks. Doch bevor ihre Vorbereitungen fruchten können, treten die Soldmagier in Erscheinung und machen ihnen das Leben schwer. Nicht nur Meuchelmörder eines unbekannten Auftraggebers lauern ihnen auf – sogar der Archont der Stadt will sie für seine Zwecke instrumentalisieren.
Die reichen Kaufleute sehen in Friedenszeiten keinen Grund für eine starke Armee, sodass der Archont Stragos um seine Position fürchten muss. Eine neue Bedrohung durch die Piraten würde Stragos zu neuer Macht verhelfen. Nachdem der Archont den beiden ein Gift verabreicht hat, für das nur sein eigener Alchemist das Gegenmittel kennt, bleibt den Landratten keine andere Wahl, als einen Crashkurs in Seefahrt zu belegen. Mit einem alten Seebären und einem für diesen Zweck renovierten Zweimaster sollen die Möchtegern-Piraten das Meer besegeln und die Piraten zum Angriff auf die Stadt bewegen.


Meinung
„Sturm über roten Wassern“ führt den Konflikt mit den Magiern aus Karthain weiter und entführt den Leser in eine ganz andere Welt, eine von Handwerk und Seefahrt geprägte Küstenstadt. Dass es trotz der relativen Abgeschlossenheit der Bände einen übergeordneten Konflikt (Locke gegen die übermächtige Magiergilde) gibt, der sich wohl über mehrere Bände, wenn nicht gar die ganze Serie, hinzieht, sorgt auf jeden Fall für Spannung. Auch von Sabetha und Lockes Vergangenheit mir ihr ist bislang nichts bekannt, was wohl Gegenstand des dritten Bandes sein wird.

Die Rückblenden nehmen diesmal weniger Raum ein; nur ca. die ersten 300 Seiten werden sie eingesetzt, um den Leser zum aktuellen Stand der Dinge zu bringen.
Da die Bande in Camorr deutlich reduziert wurde, steht das Zweiergespann Locke und Jean im Vordergrund.

Trotz ihrer cleveren Art und Erfahrung kommen sie immer wieder in peinliche Situationen und erleben das Scheitern ihrer Pläne, wodurch sie immer greifbar und sympathisch bleiben, andererseits wird man oft genug um sie bangen und für sie hoffen. In Tal Verrar wimmelt es geradezu von Korruption, Geldgier und Grausamkeit als Zielscheibe für Lockes Manöver. Doch was sind zwei junge Männer gegen diese Übermacht?

Die Beziehung der beiden wird in diesem Band auf einige Proben gestellt; ihre Reaktionen bleiben dabei stets glaubhaft. Locke ist längst nicht mehr so von sich überzeugt wie früher und braucht immer wieder Jeans Hilfe, nicht nur als Kämpfer, sondern als Freund, der ihm in der Verzweiflung beisteht.

Noch schneller als bei „Die Lügen des Locke Lamora“ hat mich Lynch mit diesem Band in seinen Bann gezogen. Schnell entwickelt sich die Situation der Helden von schwierig zu beinahe aussichtslos. So keck die Diebe auch sind, verwickeln sie in ein immer komplizierter werdendes Netz von Intrigen bei steigender Zahl an Feinden.

Hier und da zieht sich der Roman leider, besonders die Seefahrt-Einführung und das große See-Abenteuer könnten straffer erzählt sein. Die Ganoven kommen auf See kaum zum Einsatz, sodass dieser Abschnitt eine überlange Retardation vor dem großen, sehr rasanten Finale darstellt. Dafür erleben die Figuren hier Abenteuer auf See, bei denen durchaus Atmosphäre aufkommt und einige neue Figuren eingeführt werden. Bewundernswert, wie die Perspektive bei der großen Seeschlacht zwischen den Schiffen wechselt und die Schlacht dadurch viel anschaulicher und dynamischer wird. Jedoch hätte ich es begrüßt, wenn an (willkürlich verwendeter!) Seemannssprache gespart worden wäre, da sie das Lesen mühselig macht.

Scott Lynch versteht es wirklich, den anspruchsvollen Leser (nicht nur von Fantasy) zu unterhalten und überraschen. Er spielt seinen sympathischen Charakteren ziemlich übel mit in diesem Band. Für das offene und deprimierende Ende würde ich Scott Lynch am liebsten von der Planke springen lassen. Ganz besonders, da wir bis zum Weiterlesen bis August 2013 warten müssen. Wenn der Autor in diesem Tempo weiterschreibt, wird die Wartezeit für die nächsten Bände sehr lang. Geplant sind bislang sieben Bände.


Fazit
Die Fortsetzung über Locke Lamora ist recht düster ausgefallen und macht es mit seinem Seemanns-Slang dem Leser nicht ganz einfach. Und auch wenn es ein paar Längen gibt, würde ich niemandem von dieser fantastischen Reihe abraten. Dafür finde ich die ganze Geschichte zu spannend und die Figuren zu sympathisch.
 


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