Adrian J Walker
Am Ende aller Zeiten
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»Am Ende aller Zeiten« von Adrian J Walker
Edgar Hill und seine Familie entkommen in einem unterirdischen Keller nur knapp einem, auf die Erde stürzenden, Meteoritenschauer. Dieser legt die nördliche Hemisphäre, einschließlich der britischen Inseln, in Schutt und Asche. Ed und seine Familie schließen sich nach ihrer Rettung einer größeren Gruppe von Überlebenden an. Durch unglückliche Umstände wird Ed jedoch von seiner Familie getrennt. Diese wird ins 500 Meilen entfernte Cornwall evakuiert um nach Südafrika, welches den Meteoritenschauer relativ heil überstanden hat, verschifft zu werden. Ed und sechs seiner Kameraden bleiben verlassen zurück. Sie beschließen daraufhin, die 500 Meilen lange Strecke von Edinburgh nach Cornwall zu Fuß zurückzulegen um ebenfalls noch die rettenden Schiffe und Eds Familie zu erreichen.
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Eine Geschichte in der sich eine kleine Gruppe von Menschen durch ein postapokalyptisches Szenario kämpft um von Punkt A nach Punkt B zu gelangen, klingt weder neu noch besonders innovativ, bestenfalls etwas spannend. Solche Szenarien kennen wir bereits aus Büchern wie The Road von Cormac McCarthy oder noch epischer angelegt aus Stephen Kings The Stand . Warum also hat Am Ende aller Zeiten (OT: The end of the world running club) von Adrian J. Walker dann dennoch eine so hohe Bewertung von mir bekommen? Die Antwort ist genauso simpel wie die eigentliche Geschichte: Nie war mir ein Protagonist gefühlt so nahe wie Edgar Hill.
Er ist kein Superheld, kein Elitekämpfer oder jemand den man gemeinhin als „Macher“ bezeichnen könnte. Ed Hill ist ein einfacher Familienvater, gestresst von seiner Familie und seinem Beruf. Er ist in Mittelmäßigkeit versunken und hat sich mit dieser Tatsache eigentlich schon abgefunden. Er wäre gerne mehr, wäre gerne besser, aber ihm fehlt die Motivation um es in die Tat umzusetzen. Ed Hill ist ein absoluter Durchschnittsmensch von dem, seien wir mal ehrlich, viel in uns selber steckt. Das macht ihn mir so glaubhaft und sympathisch.
Das Szenario, das Walker in seinem Buch entworfen hat, ist höchst beunruhigend, eben weil es so realistisch ist. Pausenlos fliegen der Erde heutzutage die Gesteinsbrocken aus dem Weltall nur so um die Ohren. Zwar immer knapp vorbei, aber der Tag wird wohl kommen, an dem es den ein oder anderen Treffer zu verzeichnen geben wird. Die Auswirkungen dürften ähnlich wie in Walkers Buch sein.
Mir hat es gefallen, dass dieser Treffer (oder die Reihe von Treffern) von Walker nicht näher ausgewalzt wird. Keine ellenlangen Ausschmückungen wie der Weltuntergang genau abgelaufen ist. Ed und seine Familie flüchten in den Keller und bekommen gar nicht mit was genau passiert ist. Sie sehen nach ihrer Rettung, wie auch wir als Leser, nur das beängstigende Ausmaß der Katastrophe. Erst nach und nach erfahren sie durch Erzählungen Dritter, was wirklich alles passiert ist. Was auf den nächsten Seiten folgt, ist daher nicht unbedingt ein Kampf ums blanke Überleben, gespickt mit purer Action in einem jump-and-run Szenario, sondern vielmehr ein Zurechtfinden in einer von Meteoriteneinschlägen völlig verwüsteten Welt.
Auf ihrer langen Reise reift in den Protagonisten die Erkenntnis, dass ihre Welt nie wieder so werden kann, wie sie einmal war. Die Schäden sind einfach zu groß, ganze Städte existieren nicht mehr, Landmassen haben sich verschoben und Tsunamis haben große Teile des britischen Festlands überflutet. Zudem entpuppen sich die zahlreichen Treffen mit anderen Überlebenden als reines Glücksspiel, da man nie weiß, ob diese einem freundlich und feindlich gesonnen sind. Allerdings kann man über die Naivität, welche die auf mittlerweile fünf Personen geschrumpfte Gruppe an den Tag legt, beizeiten nur noch den Kopf schütteln. Vielleicht wäre es ja doch besser und sinnvoller sich endlich mal wenigstens zu bewaffnen!
Da Ed der Hauptcharakter ist, wird die Geschichte aus seiner Sicht in der Ich-Form erzählt. Die Selbsterkenntnis, zu der er über sich und über die Männer im Allgemeinen gelangt, ist wirklich witzig. Die unfreiwillige Reise entpuppt sich für ihn als eine Art Selbstfindungstrip, auf dem er zu dem Mann werden kann, der er vor der Katastrophe gerne gewesen wäre. Das wirkt jedoch leider etwas zu aufgesetzt. Wenn das Motto „wachse an der Herausforderung“ die Kernaussage des Buches sein soll, bräuchte man dafür kein Weltuntergangsszenario. Bill Bryson hat ein ähnliches Thema in seinem Buch A walk in the woods auch ohne selbiges sehr gut hinbekommen.
Was leider etwas auf der Strecke bleibt ist das Gefühlsleben der Charaktere. Sie stiefeln durch die Verwüstungen, scheinen diese aber seltsam unberührt und unbeteiligt zur Kenntnis zu nehmen. Sie sind zu sehr gefangen in ihrer „Laufarbeit“, immerhin müssen 500 Meilen, das entspricht etwas über 800 Kilometer, in einem Querfeldeinlauf und unter Zeitdruck zurückgelegt werden. Aufgrund dieses gemeinsamen Laufens, werden sie von einem ihrer zufälligen Bekanntschaften auch der "World running club" genannt (falls sich jemand über den Originaltitel des Buches wundern sollte).
Das sich das Buch dennoch unterhaltsam und kurzweilig liest, ist auch der angenehmen Schreibweise Walkers zuzurechnen. Irgendwie versteht er es immer mich als Leser bei Laune zu halten. Sei es nun durch die Schilderung der zerstörten Landschaft, durch die Begegnung mit anderen Überlebenden oder einfach nur durch die Schilderung der Gedankengänge von Ed. Erstaunlich, dass Walker das Buch erst im Selbstverlag herausgeben musste, bevor es dann von Penguin Books einem größeren Publikum zugänglich gemacht wurde. Einen ähnlichen Weg haben unter anderem auch Andy Weir (Der Marsianer ) oder Phillip P. Peterson (Paradox ) beschritten.
Hervorzuheben sind noch die interessante Aufmachung des Buches (als eine Art Ringbuch) und die Übersetzung. Beides ist sehr gelungen und wirkt ansprechend.
Fazit
Obwohl ich eher der Happy End Typ bin und mich das Ende daher gefühlsmäßig nicht ganz befriedigen konnte (ich hoffe auf eine Fortsetzung), hat mir das Buch dennoch sehr gut gefallen und mich auch emotional angesprochen. Für mich ein gutes Beispiel dafür, dass, auch wenn die Story relativ einfach gestrickt ist, allein durch interessante Protagonisten ein Buch den Leser mitreißen kann. Wobei es natürlich Geschmackssache ist ob man Ed eher als wandelndes Männerklischee oder doch lieber als einen Hey-der-könnte-auch-ich-sein-Typ sehen möchte.