Jim Butcher Die dunklen Fälle des Harry Dresden 3
Grabesruh
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»Grabesruh« (Die dunklen Fälle des Harry Dresden 3) von Jim Butcher
Irgendetwas schreckliches passiert im Niemalsland, jenem Land, dass für Normalsterbliche nicht zugänglich ist und allein den Geistern, Elfen und derlei Erscheinungen vorbehalten ist. Etwas böses, schreckliches stachelt die Geister dort auf und lässt sie auf unsere Welt los. Hauptangriffsziel scheinen dabei Harry und seine Freunde zu sein. Aber das ist natürlich nur ein Teil der Probleme, die dem einzigen, im Telefonbuch von Chicago stehenden Magier, heimsuchen.
Da gibt es noch Bianca, die einflussreiche Vampirin in Chicago, die Harry, anlässlich ihrer „Beförderung“ zu einem offiziellen munteren Stelldichein einlädt, dessen Absage zu nicht unerheblichen diplomatischen Problemen zwischen dem Hof der Vampire und dem des Weißen Rates führen könnten. Da die Vampire, insbesondere Bianca, aber nicht gut auf Harry zu sprechen sind, wittert dieser eine Falle und überlegt deshalb, die Einladung abzusagen – sehr zum Ärger seiner Freundin Susan, die ihn unbedingt auf die Pary begleiten möchte.
Tja, und dann ist da noch Harrys Patentante Lea, die rachsüchtige Elfe, die nichts außen vor lässt um Harry habhaft zu werden, hatte dieser doch einen Pakt mit ihr geschlossen, dessen Einhaltung sie nun wieder einmal einfordert.
Drei Probleme denen sich Harry erwehren muss. Wenn er sie nacheinander abarbeiten könnte, wäre ihm ja schon geholfen. Aber irgendwie geht alles ineinander über und bescheren ihm so die härteste Zeit seines Lebens.
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Auch im dritten Band der Harry Dresden Reihe, Grabesruhe (OT: Grave peril), wird der Leser wieder gleich zu Anfang mitten ins Geschehen hineingeworfen und erlebt einen völlig im Dunkeln tappenden und schlichtweg überforderten Harry. Das ist ja nicht gerade etwas neues, denn Harry ist in der Regel immer irgendwie überfordert. Wenigstens hat er dieses Mal einen mehr als kompetenten Partner an seiner Seite: Ritter Michael Carpenter mit seinem Schwert Amoracchius ist nicht nur ein Mann des Glaubens, sondern auch jemand der sich in der Welt des Übernatürlichen gut auskennt und dem kein Gegner zu schwer ist. Und solch jemanden braucht Harry in der Tat bei diesem Abenteuer an seiner Seite.
Genau wie Harry, tappt auch der Leser lange Zeit im Dunkeln wer denn nun wirklich an dem ganzen Durcheinander schuld ist. Harry hat zwar einige Vermutungen auf Lager, diese entpuppen sich aber nach und nach als nicht ganz zutreffend. Erst ganz zum Schluß wird der wahre Bösewicht enttarnt. Der Weg dorthin ist lang und wird immer wieder von zwei weiteren parallel verlaufenden Handlungssträngen unterbrochen. Da ist zum einen die Geschichte um Bianca und deren Einladung an Harry, und zum anderen Harrys Patentante Lea, die eine alte Abmachung einfordert.
Alle Geschichten gehen zwar fließend ineinander über, haben mit der eigentlichen Geschichte aber nur insofern zu tun, als das sie lediglich eine Handlung auslösen oder vorantreiben, ohne selbst von besonderem Nutzen zu sein. So eine Art schriftstellerischer MacGuffin, wie man ihn gerade bei Alfred Hitchcocks Filmen häufiger vorfindet. Das ändert aber nichts daran, dass diese Nebenstränge durchaus ihren Reiz haben und sich gut in das Konzept einfügen.
Auch die Schilderung der Vampire gefällt mir in dem vorliegenden Buch sehr gut. Diese sehen zwar alle blendend gut aus, haben aber mit dem mittlerweile weit verbreiteten Vampirbild in der Phantastik nicht mehr viel gemein. Während in den heutigen Vampirschmonzetten die Vampire von ihren weiblichen Fans eher als Liebhaber angeschmachtet werden (siehe u.a. die Biss Romane von Stephenie Meyer), so verbirgt sich in den Bücher von Jim Butcher unter ihrer menschlichen Hülle ihre wahre Gestalt – fledermausähnliche und ungemein hässliche Wesen. Da ist aber auch nichts mehr, was zu irgendwelchen romantischen Gefühlen ihnen gegenüber einlädt. Das sollte man nicht vergessen, auch wenn Harry mit Thomas Raith einen durchaus sympathischer Vertreter seiner Art kennen gelernt hat und der für Dresden im Verlauf der Reihe mehr sein wird als nur ein freundlich gesonnener Vampir.
Dresdens Gegenspieler scheint ein mächtiges Wesen zu sein und es nicht ohne Grund auf ihn abgesehen zu haben. Da scheinen persönliche Ressentiments vorzuliegen. Hinzukommt, dass er es außer auf Dresden auch auf seine Freunde, im speziellen auf Murphy und Micky Malone, abgesehen hat. Das Schicksal der beiden liest sich in der Tat recht gruselig und unheimlich. Da auf diese Weise Murphy frühzeitig aus dem Verkehr gezogen wird, bleibt Harry nur Michael um gegen das Wesen zu kämpfen. Wohl ein von Butcher gewollter Zug um neben Murphy noch einen weiteren dauerhaften Partner für Dresden zu kreieren und auf diese Weise so genügend Raum zu schaffen um ihn näher vorzustellen zu können.
Wie auch schon in den Büchern zuvor, wird Harry wieder einmal über alle Maßen gefordert. Obwohl seine Kräfte schwinden, er körperlich ungemein ausgelaugt und erschöpft ist, rafft er sich immer wieder auf und schlägt anschließend dennoch die Schlacht seines Lebens. Danach ist er noch eine Spur erschöpfter als vorher, kann sich nicht ausruhen sondern muss sich noch einmal zu einem weiteren Kampf aufraffen. Es ist immer die gleiche Leier die Butcher hier vom Stapel lässt. In den Büchern zuvor hat mich das schon aufgeregt, aber hier ist es noch eine Spur ärgerlicher, denn zu der ungemeinen Erschöpfung der Harry anscheinend permanent unterliegt, kommt noch hinzu, dass sein Widersacher ihm zusätzlich einen Teil seiner Kraft und Magie raubt. Obwohl Harry somit quasi scheintot sein sollte, übersteht er jeden Kampf.
Vampire, Geister, Dämonen und was weiß ich noch alles – keiner ist in der Lage den ungemein geschwächten Dresden zu besiegen. Irgendwie ist das ziemlich nervend wenn man es immer und immer wieder lesen muss, zumal Dresden der einzige zu sein scheint der pausenlos erschöpft ist. Auch die Unüberlegtheit Dresdens, bei der er Amoracchius an seine Patentante verliert, ist mittlerweile bezeichnend für ihn. Er reagiert zu emotional und zu wenig überlegt. Das zeigt sich auch daran, dass er keiner Frau die in Schwierigkeiten ist einen Gefallen abschlagen kann (wie bei Lydia). Auf Dauer kann so etwas eigentlich nicht gut gehen.
Obwohl mich also so einiges an der Geschichte aufgeregt hat, der für Butcher so typische Humor und die flotten Sprüche für mich relativ kurz gekommen sind, machen die Abenteuer um Dresden doch einigen Spaß. Spätestens seit seinem Auftritt auf Biancas Party und seiner „geschmackvollen Kostümierung“ muss man den Kerl einfach mögen, egal wie erschöpft er auch gerade ist. Mit dem Schicksal Susans hat Butcher zudem einen weiteren künftigen Handlungsstrang aufgebaut, der sich als recht interessant erweisen könnte. Mal sehen, was der Autor daraus machen wird. Mir hat das vorliegende Buch auf jeden Fall, mit leichten Abstrichen, gut gefallen.