Kathryn Wesley
Das Zehnte Königreich
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»Das Zehnte Königreich« von Kathryn Wesley
Inhalt
Dies ist keine „High-Fantasy“, sondern eher ein Mix aus Märchenelementen mit Fantasy-Einsprengseln in Gestalt von Trollen (mit Fußfetisch). Die New-Yorker Kellnerin Virginia kann sich nichts Langweiligeres vorstellen als ihr eigenes Leben. Sie lebt zusammen mit Tony, ihrem Vater, der als Hausmeister ebenso wenig zu lachen hat. Wie wir uns denken können, ändert sich dieser Zustand abrupt mit dem Einfall des Fantastischen: Der in Hundegestalt gefangene Prinz Wendell flüchtet sich durch einen magischen Spiegel in den Central Park (unsere Welt = das zehnte Königreich) und wird von Virginias Fahrrad angefahren. Sie erkennt sogleich, dass der goldfarbene Hund eine menschliche Intelligenz besitzt. Die beiden werden von Trollen gejagt, die Wendells böse Stiefmutter, frisch aus dem Gefängnis entflohen, auf ihn gehetzt hat. So wird Virginia, und bald darauf ihr tollpatschiger Vater, in Wendells Welt mit hineingezogen, wo sie von einer bizarren Situation in die nächste gerät. Wolf, halb Mensch, halb Wolf, kann sich zunächst nicht entscheiden, ob er die schöne Virginia fressen oder lieben will, erhält aber Hilfe von einem Psychiater und der geballten Macht der Selbsthilfeliteratur. Die Truppe ersteigt Bohnenstangen, flieht vor dem Jäger der Königin und bekämpft Haarfluten. Die Märchenwelt strotzt nur so vor Magie, und nicht selten geht ein Wunsch nach hinten los...
Meinung
Das alles hat durchaus Potential, aber es entsteht leider kein besonders kunstfertiger Roman daraus. Die Autorin hat hier verschiedene bekannte Märchen zu einer Welt von neun Königreichen verknüpft. Die Figuren sind leider größtenteils karikaturistisch und recht flach, dazu gehört auch Virginias Vater, der mit dem Wort „Verlierer“ schon umfassend charakterisiert ist. Von Virginia erfahren wir kaum jemals einen Gedanken, ihre Gefühle bleiben recht oberflächlich und der Versuch der Dramatisierung ihrer Vergangenheit plump. Man hat oft den Eindruck, die Figuren seien nur Statisten, die eine bestimmte Rolle erfüllen müssen, haben aber kaum Innenleben. Zugegeben, ein Wolf, der seine Rettung vor den animalischen Trieben in Selbsthilfebüchern sucht, ist ziemlich witzig, doch seine schmalzigen Liebesbekundungen waren fast schmerzhaft zu lesen.
Man hätte aus der Not eine Tugend machen können und ein witziges Buch mit überspitzten Charakteren schreiben, doch auch der Humor kommt eher zu kurz, der Eindruck der Albernheit überwiegt. Auch waren einige Reaktionen der Figuren richtiggehend unpassend, d.h. die Gespräche der Figuren waren stellenweise nicht flüssig und logisch zu lesen. Der Schluss wartet übrigens mit einer ziemlich schauderhaften Szene auf, die allen Feministinnen eine Gänsehaut verursachen dürfte.
Spannung ist durchaus vorhanden, aber man kann sich kaum mit den Figuren identifizieren und fiebert folglich nur eingeschränkt mit. Dieser Roman ist nach einer TV-Serie geschrieben, und so liest er sich auch – wie ein Drehbuch, ohne besonders liebevolle Beschreibungen von Orten oder Personen.
Positiv bleibt zu erwähnen, dass sehr bizarre, märchenhafte Abenteuer beschrieben werden und die archaische Seite der Märchen gut zur Geltung kommen. Keine weichgespülten Märchen immerhin.
Fazit
Wer sich von dem Cover geleitet rein träumerische, ernste Fantasy verspricht, dürfte hier falsch sein. „Das Zehnte Königreich" ist ein Märchen-Ulk, der sich nicht so recht zwischen ernst und lustig entscheiden kann. Das Ergebnis ist eher unterdurchschnittlich und hat mich mäßig unterhalten, aber kaum so richtig mitgerissen.