Terry Pratchett
Der lange Mars
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»Der lange Mars« von Terry Pratchett
Nach einem gewaltigen Vulkanausbruch auf der Erde, der weite Teile der Welt hat unbewohnbar werden lassen, sind die meisten Menschen auf die nächsten Erden evakuiert worden. Platz genug ist ja vorhanden. Auch die kleine Ortschaft Happy Landings rückt immer weiter in den Mittelpunkt der Geschichte. Dort hat sich, anfangs unbemerkt, eine neue Evolutionsstufe der Menschheit herauskristallisiert. Der neue Menschenschlag nennt sich die Next, ist unglaublich intelligent, hat eine eigene Sprache hervorgebracht und betrachtet uns Menschen als Dumpfbirnen. Hier bahnt sich eine höchstgefährliche Situation an, denn „die alten Menschen“ überlegen ernsthaft, ob es sich bei den Next um eine Gefahr für die Welt handelt und ein Atomschlag gegen Happy Landings, an dem sich ein Großteil der Next aufhalten, nicht eine mögliche Option ist um dieser Gefahr entgegenzuwirken.
Auch Maggie Kauffman hat wieder alle Hände voll zu tun. An Bord der Armstrong II soll sie zusammen mit einem weiteren Luftschiff, der Cernan, die fernen Welten erkunden. Ihr Weg führt sie dabei bis zur Welt 250.000.000 – so weit, wie noch kein anderer Mensch vor ihr vorgedrungen ist. Auch Sally Linsay begibt sich auf eine lange Reise. Zusammen mit ihrem Vater Willis und Frank Wood macht sie sich von Gap Space aus auf um den Langen Mars zu erforschen. Willis glaubt, dass die Reise dorthin neue Erkenntnisse für die Menschheit bringen könnte. Es wird eine Reise, die ihre Opfer fordert.
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Tja, was will man zu dem dritten Band der Reihe noch großartig sagen? Der lange Mars (OT: The long mars) ist für mich, genauso wie seine beiden Vorgänger, einfach nur enttäuschend und extrem langweilig. Die für mich überflüssigste Trilogie die jemals geschrieben wurde (lassen wir die Uhrwerk-Reihe von Jay Lake mal außen vor). Eine dreifache Ansammlung von uninteressanter und uninspirierter Handlung. Wie zwei Schriftsteller von dem Kaliber eines Stephen Baxter und eines Terry Pratchett es geschafft haben so etwas bedeutungsloses zu schreiben wird mir immer ein Rätsel bleiben.
An fehlendem Potential für einen, ach was sage ich, vier oder fünf Handlungssträngen hat es definitiv nicht gefehlt. Aus dem Stoff hätte man locker eine zehnteilige Reihe machen können die es an Wundern, Spannung und Abenteuern an nichts hätte mangeln lassen. Baxter und Pratchett erschaffen einen Kosmos von unglaublicher Vielfalt um ihn dann mit Nichts und einer geradezu unglaublichen Langeweile und Einfaltslosigkeit zu füllen. Belanglose Reisen von einer Welt zur anderen, Gespräche über buddhistische Religion – da ist nichts was mir länger im Gedächtnis bleiben wird. Und nein, ich leide nicht an retrograder oder semantischer Gedächtnisstörung.
Maggie Kauffman reist eine viertel Milliarde Welten weit - dahin, wo noch nie ein Mensch zuvor gewesen ist (ja ich weiß, ist eine andere Baustelle) und erlebt so gut wie nichts. Pro Buchseite rauschen also rund 565.611 Welten an ihr und dem Leser vorüber. Was könnte man dort doch Wunderbares entdecken! Aber nein, die beiden Autoren begnügen sich mit seitenlangen Erzählungen darüber, dass auf den nächsten Welten die Luft dicker oder dünner, das Gras grüner oder brauner oder die Seen voller oder ausgetrockneter sind. Völlig belangloses blabla.
Nur einmal kommt so etwas wie Interesse und Spannung auf. Auf einer dieser Langen Welten entdeckt man eine intelligente Krabbenzivilisation die sich Haustiere hält und Krieg gegeneinander führt. Und was passiert daraufhin? Man lässt ein Team zurück um diese Zivilisation zu erforschen und rauscht mit dem Leser dann weiter durch die nächsten 10 Millionen Welten um auf dieses Thema dann in keinster Weise mehr einzugehen. Warum wird dieser Erstkontakt nicht näher beschrieben? Warum wird daraus nicht eine spannende Nebenhandlung gezaubert?
Sallys Erlebnisse auf dem Mars erfolgen ebenfalls nach Schema F. Ein sinnloses und unübersichtliches hin- und herspringen von Mars zu Mars. Unterbrochen wird dieses Einerlei von der Entdeckung einer Marszivilisation(!!). Aber auch hier gehen die Autoren nicht auf einen näheren Kontakt ein. Im Gegenteil, man treibt kurz Handel und springt dann sinnlos wieder weiter. Das man sich bei diesem Kontakt einen Feind zugezogen hat, wird allen dreien erst später klar. Wen wundert es da also, dass nach dem Auffinden einer weiteren, diesmal untergegangenen Marszivilisation, auch diese wieder perfekt links liegen gelassen wird. Offensichtlich haben sich Baxter und Pratchett eisern vorgenommen, die Geschichte so langweilig wie möglich zu erzählen – was ihnen auch perfekt gelungen ist.
Auch bleibt es für mich ein Rätsel, warum Willis Linsey das was er sucht (ich will hier nicht spoilern) auf dem Mars zu finden glaubt und nicht auf der Erde. Natürlich ist die niedrigere Schwerkraft auf dem Mars dabei hilfreicher aber andererseits wissen alle, dass es auch in den Langen Erden Bereiche unterschiedlicher Schwerkraft gibt. Zudem ist die Entwicklung einer Zivilisation, die das Gesuchte hervorbringen kann, auf einer fruchtbaren Erde doch erheblich wahrscheinlicher als auf einem unfruchtbaren Mars. Warum also muss Willis unbedingt zum Mars reisen?
Der für mich einzig wirklich interessante Handlungsstrang hat dann auch prompt mit der eigentlichen Erzählung über die Langen Erden nicht wirklich etwas zu tun, obwohl er sich daraus zu ergeben scheint. Das Entstehen einer neuen Menschenrasse, der Next, hat mich sofort in seinen Bann geschlagen. Auch wenn das alles noch in den Kinderschuhen steckt, die Ältesten der Next sind gerade mal um die zwanzig Jahre alt, zeigt sich doch schon wie viel Potenzial und Zündstoff hier verborgen liegt.
Das „die alten Menschen“ die „Neuen“ fürchten und Angst davor haben von diesen ausgelöscht zu werden (wie einst der Neandertaler vom Homo Sapiens) sorgt für ein paranoides Verhalten. Man überlegt ernsthaft, ob es eine Option ist die Next auszurotten solange sie sich noch in der Minderheit befinden und noch keine wirkliche Gefahr darstellen (ein typisches X-Men Szenario). Die Macht dazu, in Form einer Atombombe, wird Maggie Kauffman in die Hand gelegt. Ihr obliegt nun die Entscheidung, ob sie den Ort der Zusammenkunft der Next, Happy Landings, mit all ihren Einwohnern auslöschen soll oder nicht. Rat holt sie sich von Joshua Valiente und ihrem Schiffsarzt, die in einer Diskussion zur Entscheidungsfindung gegensätzliche Standpunkte einnehmen sollen.
Die Unendlichkeit ist erst der Anfang …so steht es oben auf dem Cover des Buches und ich frage mich unwillkürlich: Wovon? Von Langweile und Einfaltslosigkeit? Im Nachhinein stelle ich fest, dass ich von dieser Trilogie nicht nur enttäuscht bin, sondern das sie mich auch irgendwie wütend gemacht hat. Wütend darüber, dass hier so viel Murks zusammen geschrieben wurde – und das von Autoren, die ich so unglaublich schätze und gerne lese. Vielleicht ist an dem Sprichwort das "viele Köche den Brei verderben ", doch etwas dran - auch wenn es diesmal nur zwei sind. Das verschenkte Potential jedenfalls ist enorm, daran ändern auch die vielen witzigen Hinweise auf TV Serien und Filme, die Baxter und Pratchett immer wieder einfliessen lassen und die fast noch das Beste an den Büchern sind, nichts mehr. Ähnliche Geschichten über parallele Welten sind zum Beispiel von Michael Coney (Charisma ) oder George Zebrowski (Fremdere Sonnen ) wesentlich spannender und unterhaltsamer geschrieben worden und daher empfehlenswerter.