Maggie Stiefvater Raven Boys 1
Wen der Rabe ruft
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»Wen der Rabe ruft« (Raven Boys 1) von Maggie Stiefvater
Blue lebt in einer Familie von Wahrsagerinnen, doch sie selbst besitzt eine andere Gabe, als den Blick auf die Zukunft: Sie verstärkt die Magie um sie herum. Als sie mit ihrer Tante Totenwache hält, sieht sie plötzlich selbst eine geisterhafte Gestalt auf der Straße am Kirchhof. Das kann nur bedeuten, dass er ihre wahre Liebe ist - oder dass sie den jungen Mann namens Gansey umgebracht hat. Sofort muss Blue an die Weissagung denken, der zufolge sie ihre wahre Liebe mit einem Kuss töten wird.
Gansey ist einer der Raven Boys, ein Schüler der prestigeträchtigen Aglionby Academy für gut betuchte Jungen. Als Blue ihm zum ersten Mal begegnet, ist er ihr sogleich unsympathisch. Auf die meisten Menschen wirkt der reiche Erbe vor allem arrogant, doch es verbirgt sich weitaus mehr hinter den gutaussehenden Zügen. Gansey hat sein Leben dem Erforschen der Ley-Linien gewidmet, denn er will den sagenhaften walisischen König Glendower wiederfinden, der einst im Mittelalter lebte. Dabei helfen ihm Adam, Noah und Ronan, von denen jeder ein Geheimnis verbirgt.
Meinung
"Die leuchtend orangefarbene Motorhaube des Camaros war hochgeklappt, mehr als Zeichen seiner Kapitulation als aus irgendwelchen praktischen Gründen." Man sollte diesem Buch nicht allein wegen dem ansehnlichen Cover, sondern auch wegen seiner Sprache, wegen Sätzen wie diesem eine Chance geben.
Die Handlung schreitet ähnlich bedächtig voran wie in "Rot wie das Meer". Man bekommt nach und nach einen Einblick in das Leben von Ganseys Freundeskreis und Blues Leben. Diese unterschiedlichen Welten nähern sich erst durch die Beziehung zwischen Blue und Adam an. Indem Blue Teil des Freundeskreises wird, lernt sie auch den ihr verhassten Gansey besser kennen und überwindet ihre Abneigung. Dabei bleibt die Autorin dankenswerterweise weit entfernt von schnulzigen Liebesdramen und Beziehungswirrwarr. Romantikmuffel haben soweit nichts zu befürchten.
Noch eine Gemeinsamkeit gibt es: Das Buch ist nicht so einfach einzuordnen, es ist zwar in der Fantasy-Ecke anzusiedeln, allerdings begleitet von Thriller- und Spukgeschichten-Elementen. Die Atmosphäre ist ein schwer zu beschreibendes Gewächs, die Anspielungen auf etwas Kommendes werden immer zahlreicher.
Die Bewohner der Kleinstadt Henriettas sind alles andere als altbekannte Stereotypen, die Autorin legt viel Wert darauf, ihren Figuren eine eigene Persönlichkeit und eine Geschichte zu geben. Auch wenn er einige äußerliche Merkmale mit vielen Romanen romantischer Art teilt, ist Gansey doch kein wandelndes Klischee. Reich und attraktiv ist er zwar, doch die arrogante Art ist ungewollt, ihn treibt der Wunsch, etwas sinnvolles mit seinem privilegierten Leben anzustellen. Ronan besitzt nicht nur eine scharfe Zunge und Latein-Kenntnisse, er verschweigt auch ein düsteres Geheimnis, während Adam seinem gewalttätigen Vater zu entkommen versucht, ohne sich in Abhängigkeit von anderen zu setzen.
Blues Familie war für meinen Geschmack noch interessanter als die Raven Boys. Persephone mit ihrem überweltlichen Aussehen und dem exzentrischen Charakter hat es mir wirklich angetan, doch sie spielt eine eher geringfügige Rolle. Vielleicht gibt es einfach zu viele Figuren, zwischen denen die Perspektive wechselt.
Wie bereits erwähnt bedient sich Maggie Stiefvater eines gemächlichen Erzähltempos, dies ist klar ein Serienauftakt. Doch die Geheimniskrämerei und das vorsichtige Herantasten an die Figuren wirkt mitunter, als würde die Geschichte auf der Stelle treten, es könnte alles ein wenig zügiger vorangehen, mehr passieren. Das Ende verlief dann auch für meinen Geschmack etwas zu unspektakulär.
Fazit
Der erste von geplanten vier Bänden hat vieles mit "Rot wie das Meer" gemeinsam. Stiefvater macht Anleihen bei anderen Genres und kreiert Welten mit einer speziellen Atmosphäre. Ihre Welt ist bevölkert mit ganz eigenen, vielseitigen Gestalten, von denen die meisten mir jedoch nicht so recht ans Herz gewachsen sind. Zieht sich die Handlung stellenweise auch etwas, so bietet "Wen der Rabe ruft" eine Welt voller Magie und ungelöster Rätsel, eine unheilsschwangere Stimmung und extravagante Figuren.