Cate Tiernan Immortal Beloved 2
Ersehnt
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»Ersehnt« (Immortal Beloved 2) von Cate Tiernan
Nastasja versucht ihre dunkle Vergangenheit zu überwinden, doch nach mehreren traumatischen Ereignissen flieht sie zurück- in eine noch dunklere Gegenwart...
Nastasja hat sich auf River's Bauernhof halbwegs eingelebt und versucht ihr altes, "böses" Ich zu verarbeiten, um sich dem Licht zuwenden zu können. Dabei ist sie fest davon überzeugt, dass die Dunkelheit eigentlich ihre Bestimmung ist. River bemüht sich und enthüllt schockierende Taten aus ihrer eigenen Vergangenheit, aber trotz allem ist Nastasja überzeugt die Dunkelheit zu verbreiten.
Reyn ist dabei keine große Hilfe: sie fühlt sich genauso zu ihm hingezogen wie er zu ihr, kann aber trotzdem ihre vergangenen gemeinsamen Traumata nicht überwinden. Als es zu einigen Zwischenfällen kommt, flüchtet sie vom Bauernhof- und geradewegs in die Arme ihres alten besten Freundes Incy. Sie hatte regelrecht Angst vor ihm, doch anscheinend ist er nur aufrichtig um sie besorgt- und ein wahrer Freund. Viel zu schnell fällt Nastasja in ihre alten Gewohnheiten zurück: oberflächliche Partys, seichtes Gerede, schrille Klamotten, Geld Geld Geld- und immer Incy. Doch ist sie immer noch dieselbe? Auch Incy hat sich verändert. Nastasja hat versucht vor ihrer eigenen Dunkelheit zu fliehen und muss erkennen, dass sie sich dadurch in eine noch viel größere Gefahr gebracht hat als gedacht...
Rezension
Zu Beginn von Band 1 habe ich gedacht "nicht noch ein Teenie/ Unsterbliche Liebe/ Düstere Bestimmung"-Roman. Schon nach wenigen Seiten hatte mich "Immortal Beloved" eines Besseren belehrt und mich quasi eingesogen.
Nastasjas Seelenqual und ihr Leiden wird eindrucksvoll geschildert. Obwohl sie im Grunde genommen eine "schlechte" Person ist und einige Dinge getan hat, die wirklich übel waren (eine bestimmte Szene zur Zeit des 2. Weltkrieges in Paris ist mir wirklich übel aufgestoßen), bemitleidet man sie doch. Sie war nie wirklich böse, sondern gedankenlos. Sie war gedankenlos, weil sie es nicht mehr ertragen konnte zu denken. Zu viele schlimme Dinge sind ihr zugestoßen, zu viele Traumata musste sie in jungen Jahren durchleiden, also entschloss sie sich dichtzumachen und sich nur noch oberflächlich dahintreiben zu lassen- aus reinem Selbstschutz. Auch wenn die Konsequenzen schrecklich waren, kann ich Nastasjas Haltung vollkommen verstehen. Sie suhlt sich nicht in Selbstmitleid und will auch keines, findet aber aus eigener Kraft keinen Ausweg. Trotzdem ist sie ein sehr starker Charakter mit einer facettierten Persönlichkeit, was ihr selbst nicht klar ist. Die Autorin schafft es sehr gekonnt, eine leidende junge Frau darzustellen, und zwar völlig ohne übertriebene Darstellungen. Nastasja ist wirklich ein eindrucksvolles Porträt.
Zu Beginn passiert an reiner Handlung nicht viel: man erlebt mit, wie sie Szenen aus ihrer Vergangenheit aufarbeitet und in der Gegenwart versucht anderen zu helfe- oft gehen ihre Bemühungen allerdings nach hinten los, was sie sofort wieder in ihren Ansichten über ihren eigenen Wert bestärkt. Da sie aber so unglaublich dicht beschrieben wird, meint man mit Nastasja zusammen alles zu durchleben und kann vollkommen verstehen, warum sie ist wie sie ist. Abzuhauen war zwar eine dumme Entscheidung, aber Incy war Jahrhunderte ihr Rettungsanker und Verbindung zur Welt. Natürlich lässt sie sich wieder in seine Arme fallen.
Trotzdem hat sie sich weiterentwickelt: sie ist kritisch geworden und glaubt ihm nicht mehr vorbehaltlos, was Incys letzte moralische Überbleibsel zerstört. Nach den Geschehnissen in Band 1 war Incy bald eine Art Dämon, hier wurde er plötzlich wieder der liebenswerte Freund, nur um dann einen anderen Teil seines Wesen zu zeigen. Nicht sein "wahres Gesicht": Incy hat genau wie Nastasja, Reyn und auch River mehr als nur eine Seite. Ich glaube ihm, dass er sie auf seine Art wirklich liebt und daran verzweifelt ist.
Natürlich gibt es in einem Buch, welches "Immortal Beloved" heißt, auch eine Liebesgeschichte. Reyn und Nastasja verknallen sich aber nicht einfach auf den ersten Seiten unsterblich ineinander und spielen den Rest des Buches Karnickel. Ihre Geschichte beruht auf Blut und Grausamkeit, sodass sie sich erst zaghaft annähern müssen und immer noch mit ihren Gefühlen kämpfen. Ihre Liebesgeschichte passt wunderbar in die Gesamthandlung und ergänzt diese perfekt, ohne sie zu dominieren.
Die ausgearbeiteten Charaktere sind ein wahrer Genuss. Die Geschichte baut auf Band 1 auf und ist noch nicht beendet, trotzdem ist das Buch in sich relativ abgeschlossen, was bei einem Trilogie-Mittelband selten genug ist. Man kann es nach der letzten Seite ins Regal stellen und sich auf den nächsten Band freuen, ohne sich wegen eines fiesen Cliffhangars um einen Schluss betrogen zu fühlen.
Ich habe diese Reihe bisher wirklich genossen und werde auch bald den abschließenden Band sowie weitere Bücher der Autorin lesen- ihre Geschichten sind spannend und ihre Charakterdarstellung einfach magisch.
Fazit
Spannende, glaubhafte Geschichte mit fantastisch ausgearbeiteten, unglaublich gut gezeichneten Charakteren. Ein wahrer Genuss für alle, die gerne tief in die Protagonisten gucken. 5 von 5 Sterne.