Ilona Andrews Land der Schatten 1
Magische Begegnung
Buchlisten
»Magische Begegnung« (Land der Schatten 1) von Ilona Andrews
Rose und ihre zwei Brüder George und Jack leben im Edge , einer Zwischenwelt zwischen dem unmagischen Broken und dem stark magischen Weird . Die Bewohner dieses Grenzgebietes sind nur geringfügig magiebegabt, können aber leicht die Grenzen überqueren. Um Geld für ihre Familie aufzutreiben, jongliert sie einen Job als Putzkraft mit dem Handeln von Waren zwischen beiden Welten. Mit Männern hat sie nur schlechte Erfahrungen gemacht. Als sie bei ihrem Abschluss ihren weißen Blitz vorführte, erklärte man sie sofort zum adeligen Bastard und ihr damaliger Freund wollte sie an einen Adeligen verkaufen, dem sie starke Nachkommen zeugen würde – Rose' Familie wehrte sich heftig dagegen, doch mittlerweile ist ihr Vater gestorben und ihre Mutter verrückt.
Nun werden die Bewohner des Edge von hundsartigen Wesen angegriffen, die von Magie angelockt werden. Dann taucht auch noch ein fremder Adeliger vor ihrer Tür auf – Rose ist sich sicher, er gehört zu denen, die sie zur Erzeugung starker Nachkommen entführen wollen. Denn Rose kann als einzige im Edge weiße Blitze schleudern – etwas, das eigentlich Adeligen vorbehalten war. Declan, der adlige Earl mit den grünen Augen, will sie tatsächlich mitnehmen, nachdem er ihre drei Prüfungen bestanden hat. Da er sie vor der Bedrohung der „Bluthunde“ beschützen will, nimmt Rose ihn als ungewöhnlichen Hausgast auf.
Meinung
Positiv hervorzuheben sind vor allem die Grundidee der nebeneinander liegenden Welten und der unterschiedlichen Magiestärke in den einzelnen Regionen sowie Geschichten von Jack und George. Die Serie beginnt als ausgewogene Mischung aus Fantasy und Liebesromanze.
Leider war es mir unmöglich, mich beim Lesen nicht über die skandalös veraltete Rollenverteilung und Masse an Klischees aufzuregen. Der Held ist mit überirdischer Attraktivität, körperlicher Überlegenheit, Adel, Bildung, Selbstlosigkeit und Intelligenz gesegnet. Immer wieder herausgehoben wird seine „Männlichkeit“, was auch immer das konkret bedeuten soll. Mit dem Klischee des strahlenden Ritters hätte ich ja noch leben können, doch macht er sich wiederholt darüber lustig, wie ungehobelt und mangelhaft gebildet Rose sei, auch wenn davon wenig zu spüren ist. Was zunächst wie eine nette Entleihung aus dem Märchenkanon anmutet, entpuppt sich als ziemlich frauenfeindlich: Declan bedroht sie mit seiner Magie, sodass sie einer Vereinbarung zustimmt, der zufolge sie ihm drei Prüfungen stellen soll. Verliert er, muss er sie in Ruhe lassen. Seine Forderung lautet: „wenn ich Erfolg habe, kommen Sie freiwillig mit und unterwerfen sich meinem Willen.“ Was er genau von ihr will, ist eindeutig körperlich. Dazu passt dann auch sein besitzergreifendes Verhalten und dass er sämtliche Männer, die ihr über den Weg laufen und das Leben erschweren, erst einmal vermöbeln will. Nachdem er ihren Ex-Freund verprügelt hat, wird Rose gefeuert und verliert ihre einzige Möglichkeit, Geld zu verdienen – nun quartiert sich der Earl bei ihr ein, Rose ist auf sein Geld angewiesen.
Man mag dem entgegensetzen, dass Rose einen starken Willen hat, sich nicht so leicht auf der Nase rumtanzen lässt und nach Gleichberechtigung strebt. Sie möchte ihm wenigstens in ihren Fähigkeiten in nichts nachstehen und erweist sich ihm in Wortgefechten als ebenbürtig. Doch „würde sie für einen einzigen Kuss womöglich noch ihre Freiheit, ihre Unabhängigkeit und ihre Zukunft drangeben.“
Von großer Charaktertiefe kann man allgemein nicht sprechen. Declan wird wiederholt als anbetungswürdig beschrieben, Rose dagegen als kratzbürstig und besorgte Schwester. Dass sie überhaupt über Witz und Verstand verfügen, beweisen die Figuren in ihren (zugegebenerweise) charmanten Schlagabtauschen. Diese waren auch das Beste am Buch. Vollkommen logisch und nachvollziehbar liest sich die Entwicklung der Liebe zwischen dem Paar indes nicht. Die nachträgliche Legitimierung von Declans Vorgehensweise wirkte zu konstruiert und die ständige Wiederholung der körperlichen Vorzüge Declans (welche die Autorin von einem Manga abgekupfert hat, wie sie selbst zugibt) macht ihn kaum sympathischer. Er leidet wie so viele an der weit verbreiteten Romanhelden-Krankheit „Perfektion“.
Die Welt bleibt, was landschaftliche Beschreibungen angeht, wenig konkret. Der Fokus liegt viel mehr auf den Bewohnern des Edge, den Schwierigkeiten, zwischen den Welten zu wandern und der Lebensweise der Edge-Bewohner. Doch die Nebenfiguren bleiben weitgehend blass und statistenhaft.
Was den Spannungsbogen angeht, so gerät aufgrund vieler Erklärungen die Handlung zunächst zögerlich in Gang. Gegen Mitte tritt aufgrund einiger Wiederholungen (Bluthunde greifen an, Declan tötet sie. Mehr Bluthunde greifen an...) ein Spannungsloch auf, doch herrscht allgemein ein Gleichgewicht zwischen den Geschehnissen um die magische Bedrohung und die Beziehung zwischen den Protagonisten.
Fazit
Aschenputtel mit Krallen trifft Macho-Prinzen in etwas blass gebliebener magischen Welt. Wenig Neues, viele Klischees, nichts, was man gelesen haben muss.