Mark Lawrence
Prinz der Dunkelheit
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»Prinz der Dunkelheit« von Mark Lawrence
Jorg zieht mit einer Bande Straßenräuber durch die Lande und mordet, brandschatzt, plündert und vergewaltigt, was das Zeug hält. Der schlimmste Abschaum der Königreiche fürchtet Jorg- einen vierzehnjährigen Jungen.
Doch er war nicht immer Räuber, sondern Kronprinz: Mit 10 Jahren musste er zusehen, wie seine Mutter und sein Bruder von den Männern des Grafen Renar grausam getötet wurden. Zugunsten von Handelsprivilegien verzichtet der König auf die Rache. Jorg muss die Sache selbst in die Hand nehmen und befreit eine Räuberbande aus dem Kerker- seine neuen Straßenbrüder.
Mit vierzehn beginnt er sich zu fragen, ob sein Weg der Rache wirklich das Richtige ist. Er reist zurück zur Burg seines Vaters, will Anerkennung und wird auf eine Selbstmordmission geschickt, denn der König hat wieder geheiratet und ein neuer Kronprinz ist unterwegs.
Doch für Jorg zählt nur sein eigener Weg und dafür geht er sprichwörtlich über Leichen: egal ob Freund oder Feind, Soldat oder hilfloses Baby...
"Prinz der Dunkelheit" war für mich ein Überraschungshit. Das Buch ist stellenweise sehr brutal, aber authentisch und spannend geschrieben.
Man folgt Prinz Jorg aus der Ich-Perspektive, wobei einige Zeitsprünge gemacht werden. Das irritiert zwar mitunter, gibt aber einen guten Einblick in seine Persönlichkeit. Sein Rachedurst und seine Brutalität sind glaubhaft und überzeugend, ebenso wie die Erklärungen, warum die Straßenbrüder unter dem Kommando eines Kindes reiten. Sie erkennen das größere Raubtier und das ist Jorg. Edelmut oder Fairness sind ihm fremd, er nutzt mit voller Absicht das Regelempfinden anderer Leute, um zu siegen (er greift zum Beispiel unter der Parlamentärflagge an).
Trotzdem ist er kein blinder Schläger. Er ist hochgebildet, sehr belesen und hat einen scharfen Verstand, der ihn befähigt Zusammenhänge zu erkennen, die andere übersehen, und ausgezeichnete Pläne zu schmieden. Menschliche Regungen und Emotionen sieht er als Schwächen an und gibt sein Bestes, sie aus sich herauszuschneiden. Sein unbändiger Zorn treibt ihn zwar voran, gleichzeitig hasst er aber jegliche Form von Druck- auch von sich selbst und steht sich dabei manchmal selbst im Weg.
Jorg ist ein sehr ambivalenter Charakter, der sich in einem Moment in Shakespeare versenken und im nächsten einen Mann zu Tode foltern kann. Auch wenn man seine Handlungen nicht gutheißen kann, kann man sie trotzdem teilweise verstehen.
Die Welt hat mich etwas irritiert: die Geschichte spielt in einem klassischen Fantasysetting mit Rittern und Zauberei, und doch in unserer Zukunft. Schauplatz ist ein in 100 Königreiche zersplittertes England, es existierten noch Betonbauten und Straßen sowie einige Waffen, unter anderem Bio- und Nuklearwaffen. Im Zusammenhang mit dem Fantasysettting wirkte es umgekehrt anachronistisch.
Im Roman werden immer wieder Philosophen und Autoren sowie deren Texte genannt, wie Plutarch, Shakespeare, aber auch Sun Tzu. Jorg denkt über ihre Philosophien und Entscheidungen nach, benutzt letztendlich aber nur das, was mit seinem Rachefeldzug im Einklang steht.
Der Roman war sehr spannend. Die Zeitsprünge haben genervt, waren für den fortlaufenden Spannungsbogen aber gut gewählt. Ich habe das Buch in einem Rutsch durchgelesen und auch wenn ich mich mitunter von Jorg abgestoßen gefühlt habe, wollte ich doch wissen, wie es weitergeht. Für eines kann Jorg auf jeden Fall als Vorbild dienen: Niemals aufgeben.
Blutiges, spannendes Fantasyabenteur mit einem Hauch philosophischen Touch. 4/5 Sterne.